Server is dead! Wir gehen!

Mit diesem Spruch verabschieden sich manche Spieler:innen aus einem Wipe und verlassen den Server. Ein Freund von mir erwidert dann gerne mit „Der Server ist nicht tot, du bist nur zu feige, weiter drauf zu spielen.“ Mir liegt es dann auf der Zunge, noch nachzulegen „…und zu feige, deinen Loot rauszutragen, deshalb hockst den ganzen Tag in der Base. Würdest du rausgehen, hättest du auch Action.“

Dennoch hört man Sprüche über tote Server häufig. Für diesen Blogbeitrag habe ich exemplarisch Daten der letzten drei Monate für den Rust Server German Starter zusammengetragen[1] und analysiert. Im zweiten Teil des Beitrags interpretiere ich dann die Analyse, um eine interessante Entdeckung zu machen…

Inhaltsverzeichnis

Die Daten

Datenpunkte. Du findest online über die letzten drei Monate hinweg Daten über die durchschnittliche und maximale Zahl der Spieler:innen je Tag.

Wipe Zyklen. Im Dezember und Januar wurden vollständige Wipes gespielt. Die Server wurden am 7.12.23 und 4.1.24 zum Forced Wipe zurückgesetzt. Im Februar fanden zwei Wipes statt: ein 14-tägiger vom 1. bis 15.2.24 und ein dreiwöchiger vom 15.2. bis 7.3.24

Besonderheiten. Im Dezember waren viele Spieler:innen in den Weihnachtsferien, was vielleicht eine Erklärung für eine außergewöhnlich lange Spielzeit in dem Monat sein könnte. Es könnten aber auch große Gruppen gewesen sein, die sich alle denselben Server für den Dezember ausgesucht haben. Oder beides. Letztlich lässt sich das aber nicht sagen, weil man anhand der Daten nicht erkennen kann, ob die durchschnittlichen und maximalen Spieler:innen jeden Tag dieselben Personen sind oder im Zeitverlauf ganz unterschiedliche Personen und Gruppen.

Durchgezählt: Jeden Tag die maximalen und durchschnittlichen Spieler-Zahlen erheben...
Durchgezählt: Jeden Tag die maximalen und durchschnittlichen Spieler-Zahlen erheben…

Analyse

Vorgehen. Die Daten wurden in einem Google-Sheet[2] erfasst und die Mittelwerte berechnet. Außerdem hat mich interessiert, wann noch wie viel Prozent der Spieler:innen dabei sind, die zu Beginn dabei waren. Hierfür habe ich für jeden Wert an jedem Tag errechnet, wie viel Prozent das im Vergleich zum Beginn ist.

Besonderheit Wipeday. Der Wipeday zeigt meist den höchsten Wert für maximale Spieler:innen. Gleichzeitig ist die durchschnittliche Zahl der Spielenden eher im unteren Mittelfeld, da der eigentliche Wipe ja erst am Abend erfolgt. Der Großteil des Tages ist also der letzte Tag des alten Wipes. Nur die letzten Stunden sind Teil des neuen Wipes.

Lösung. Ich habe bei den maximalen Spieler:innen also den Wipeday als Referenzwert genutzt, beim Durchschnitt der Spieler:innen den Tag nach dem Wipe, weil dieser die frühesten 24 Stunden enthält, die in den Daten klar abgrenzbar sind.

Nach dem Datenerheben kommt die Auswertung.
Nach dem Datenerheben kommt die Auswertung.

Fragen an die Daten: Ich wollte wissen: Wieviel % sind noch da, wenn der Wipe halb vorbei ist? Nach welchem Zeitraum sind nur noch die Hälfte oder ein Viertel da?

Künstliche Intelligenz. Zusätzlich habe ich ChatGTP [3] mit den Daten gefüttert und gefragt, welche Besonderheiten auffallen und welche Ableitungen sich aus Sicht der KI treffen lassen.

Ergebnisse

Spitze am Wipeday. Die Spielendenzahlen haben im Mittel und vom Maxium her betrachtet immer am Anfang des Wipes ihren Höhepunkt und nehmen dann kontinuierlich ab, unabhängig davon, ob der Wipe-Zyklus monatlich oder 14-täglich ist.

Steil bergab. Die Betrachtung zu unterschiedlichen Zeitpunkten des Wipe-Verlaufs zeigt, dass der Abfall der Spielerzahlen exponentiell zu sein scheint.

So weit so voraussehbar.

Halbzeit. Wenn man sich jeweils die Halbzeit eines Wipes ansieht, sind beim 4-Wochen-Wipe von der Max Pop am Anfang im Schnitt noch 45% der Spieler:innen auf dem Server. Beim 2-Wochen-Wipe sind es im Schnitt noch 28%. Die Beteiligung der Spieler:innen geht bei den kurzen Wipes also steiler abwärts als bei den langen.

Manchmal findet man in den Daten erst mal das, was man schon wusste...
Manchmal findet man in den Daten erst mal das, was man schon wusste…

Hallo noch jemand da? Was ist, wenn wir uns anschauen, wie viel vom Wipe bisher vergangen ist, wenn die Spielerzahl im Vergleich zum Maximum am Anfang unter einen bestimmten Wert gefallen ist?

kurzer Wipelanger Wipe
Weniger als drei Viertel der max. Pop ist da: nach 12 % des Wipesnach 16 % des Wipes
Weniger als die Hälfte der max. Pop ist da: nach 22 % des Wipesnach 45 % des Wipes
Weniger als ein Viertel der max. Pop ist da: nach 56 % des Wipesnach 47 % des Wipes

Auch hier ist wieder zu sehen: Die Geschwindigkeit, mit der die Leute den Server verlassen, ist bei kurzen Wipes am Anfang etwas höher. Das könnte aber auch mit den oben schon erwähnten Dezember-Daten zu tun haben, einem Monat, in dem viele Leute den Wipe sehr ausgiebig ausgespielt haben.

Künstliche Intelligenz. Die KI kommt zu ähnlichen Ergebnissen: Generell gibt es keine riesigen Unterschiede zwischen den langen und kurzen Wipes. Außer dass die Schwankungen bei Monaten mit kürzeren Wipes nicht ganz so extrem sind wie bei Monaten mit langem Wipe-Zyklus.

Anderer Faktoren wichtiger. Aber sie schreibt einen interessanten Satz im Fazit: „Daher könnte der Serverbetreiber die Entscheidung zwischen kurzen und langen Wipe-Zyklen eher auf anderen Faktoren wie Spielerpräferenzen oder Verwaltungsaufwand basieren lassen.“ Will heißen: Aus den Nutzungszahlen lässt sich kein optimales Vorgehen für den Wipe Rhythmus ableiten.

Fazit

German Starter ist komplett normal. So ähnlich lassen sich nämlich auch Beobachtungen auf anderen Servern zusammenfassen: Egal, wie lang der Wipe dauert, nach ein oder zwei Tagen verlassen die ersten Spieler:innen den Server wieder. Nach der Hälfte des Wipes (manchmal früher, manchmal später) ist nur noch der harte Kern da und zum Ende hin plätschert es sich aus. Das ist Rust. Ganz gleich wie groß die Map ist, wie lang der Wipe ist, ob es ein Teamlimit gibt, etc.

Alles abgehakt und so wie bei anderen Servern auch...
Alles abgehakt und so wie bei anderen Servern auch…

Interpretation

Fehlerteufel unterwegs. Wenn jemand sagt: „Die Nutzungszahlen machen deutlich, dass wir einen kürzeren Wipe-Zyklus (oder eine kleinere Map) benötigen.“, dann sagt er wenig über die Nutzungszahlen aus und viel über die eigene Präferenz. Das Phänomen heißt Observer bias[4] und ist ganz normal: Man hat ein erwartetes oder gewünschtes Ergebnis im Kopf und bewertet die vorliegenden Daten oder Beobachtungen entsprechend.

Gegenmaßnahmen. Deswegen werden wissenschaftliche Studien häufig doppelt-blind durchgeführt: Wender die Proband:innen wissen, ob sie ein Medikament bekommen oder ein Placebo, noch die Forscher:innen wissen das. Erst ein solches Studien-Design macht die Ergebnisse richtig wertvoll für die Forschung.

Doppelblind-Studie: Nicht lunsen, sonst verfälschst du die Ergebnisse, ohne das zu wollen...
Doppelblind-Studie: Nicht lunsen, sonst verfälschst du die Ergebnisse, ohne das zu wollen…

Wenn es also nicht um die Daten der Spieler:innen geht, auf welcher Basis kann man dann eine Präferenz für für eine Wipe-Dauer entwickeln oder eine Entscheidung dazu treffen? Die KI hat es gesagt: „Spielerpräferenzen oder Verwaltungsaufwand.“

Präferenz für Spielstile

Unterschiedliche Menschen spielen Rust ganz unterschiedlich. Die einen lieben den PVP-Anteil des Spiels und leben das Wettrennen um den besten Loot zu Beginn des Wipes voll aus. Andere integrieren PVP lieber in eine Survival-Spielerfahrung, bei der ebenso Spielmechaniken wie Farmen, Automatisierung oder der Handel mit den anderen Spieler:innen ausgelebt werden wie der ein oder andere PVP Fight.

Zwei Rust-Spielstile. Einen ausführlichen Blogbeitrag zu den beiden Spielstilen findest du hier:

Wettkampf-Spielstil. Wenn du nur mal schnell anderen hart und direkt auf die 12 geben willst, bist du vermutlich ohnehin lieber auf einem 10X- Server unterwegs. Die entsprechend gemoddeten Server haben in Rust den Offiziellen und Vanilla Community-Servern insgesamt ja den Rang abgelaufen.

These: Wenn du ein schnelles, PVP-lastiges Rust-Spiel bevorzugst, bevorzugst du in der Regel auch kürzere Wipe-Zyklen und kleinere Maps.

These: Wenn du einen wettkampforientierten Spielstil bevorzugst, bist nach vergleichsweise kurzer Zeit wieder vom Server runter. Egal, wie lang der Wipe ist. Entweder du konntest dich durchsetzen und über einen Zeitraum „den Server dominieren“ oder halt nicht. Und dann stehen die Chance schlecht, gegen die stärkeren Trams noch die Oberhand zu gewinnen.

Survival-Spielstil. Wenn du PVP nur als eines der möglichen Spielelemente erlebst, lässt du dir vermutlich mehr Zeit. Oder du hast ein großes Farm-Projekt vor, das mehr Zeit braucht. Oder deine Lebensumstände, wie Job oder Familie lassen gar kein Hardcore-PVP zu, bei dem ihr im Team reihum mit Kopfhörer schlafen geht, damit einer den Raid hört und die anderen wecken kann.

Survival-Spielstil: Für eine Teefarm brauche ich keine AK.
Survival-Spielstil: Für eine Teefarm brauche ich keine AK.

These: Wenn du Rust als Survival-Spiel spielst, magst du vermutlich größere Maps und längere Wipe Zyklen. Manchmal funktioniert der Spielstil ja erst in der zweiten Hälfte des Wipes, wenn die Hardcore-PVPler schon weg sind.

Verwaltungsaufwand

Ein Wipe bringt für die Server Betreiber einen Haufen Arbeit mit sich:

  • Maps für Mapvote generieren
  • Mapvote durchführen
  • Server-Restart zum Wipe
  • Admin- und Mod-Tätigkeiten während des Wipes
  • Neuer Wipe > neue Spieler:innen > Neue Cheater > Erhöhter Moderationsaufwand

Das Team von German Starter hat auch mehrfach erläutert [5], dass es auch um das Privatleben des Teams geht, das in der ruhigeren Phase eben etwas mehr Raum bekommt als rund um den Wipe.

Resumee und Zusammenfassung

Datenvergleich. Drei Monate Daten auf Battlemetrics ergeben keine wirklich bahnbrechenden Erkenntnisse, wenn man zwei lange und zwei verkürzte Wipes miteinander vergleicht. Wenn die Datenqualität eine Tendenz-Aussage erlaubt, dann die, dass die Beteiligung in den langen Wipes weniger steil abgefallen ist als in den kurzen Wipes.

Interpretation der Daten sagt aufgrund von Bias häufig mehr über denjenigen aus, der interpretiert als über die Daten an sich.

Andere Kriterien. Wenn es um die Entscheidung geht, wie künftige Wipes getaktet sein werden, spielen vermutlich andere Dinge eine Rolle: Die Präferenz für monatliche Wipes vieler Stammspieler:innen auf German Starter, oder der erhöhte Aufwand bei biweekly Wipes, der das Serverteam treffen würde.

Quellen

[1] Auf der Seite Battelmetrics kann man zu verschiedenen Multiplayer-Servern Daten abrufen. Der Link zum German Starter Server ist hier: German Starter
[2] Die Daten und Berechnungen findest du hier: Datensheet
[3] Einen Link zum Chatvetrlauf mit der KI findest du hier: Zu ChatGTP
[4] Mehr Hintergründe zum Observer bias und möglichen Ausprägungen.
[5] Hier beispielsweise: Quelle 1, Quelle 2

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